Vergabekriterien für Flächen in Brandenburg

Bei der Vergabe landwirtschaftlicher Flächen in öffentlichem Eigentum in Brandenburg sollen künftig regionalspezifische Kriterien beachtet werden.

12.05.2020

Vergabekriterien für Flächen in Brandenburg

Ausgangssituation 
Seit 2008 sind die Bodenpreise in Brandenburg stark angestiegen. Das betrifft sowohl Pacht- als auch  Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen. Gründe dafür sind u.a. die Finanzkrise und die Suche nach renditesichernden Anlagemöglichkeiten. Grund und Boden als begrenztes Gut wird darum auch von branchenfremden Investoren als attraktives Investment gesehen. Das hat sich bis heute wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase nicht geändert. Das Nachsehen haben ortsansässige, bäuerlich, ökologisch wirtschaftende Betriebe, die bei steigenden Bodenpreisen nicht mitbieten und Flächen nicht mehr pachten oder kaufen können bzw. Pachtflächen verlieren. Für JunglandwirtInnen und BetriebsgründerInnen ist es immer schwieriger, Flächen zu erwerben oder zu pachten, um sich eine Existenz auf dem Land aufzubauen. Boden stellt einen elementaren Faktor für Betriebe dar und ist für deren Entwicklung überaus relevant. Insbesondere bei der Vergabe öffentlicher Flächen hat das Land Brandenburg eine Verantwortung und einen Handlungsspielraum. Hier können ortsansässige Betriebe, die regional und bedarfsorientiert vermarkten, Tier-, Umwelt-, und Naturschutzleistungen erbringen, Arbeitsplätze schaffen und damit wirtschaftlich eine tragende Säule in Brandenburg sind, gezielt gefördert und unterstützt werden. Damit kann lenkend auf dem Bodenmarkt gewirkt und ökologisch-nachhaltige Agrarstrukturen gestaltet werden. 

Das Land Brandenburg verfügt über Land- und Forstwirtschaftliche Flächen, die sich in Landeseigentum befinden. Diese sind zwei Ressortvermögen zugeordnet: Ministerium der Finanzen (MdF) und Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK). 

Die Flächen werden von verschiedenen Gesellschaften im Auftrag des Landes verwaltet: Die Flächen des ehemaligen Preußenvermögens durch die Bodenverwertungs- und Verwaltungs- GmbH (BVVG), die Flächen aus dem Bodenreformvermögen von der Brandenburgischen Boden Gesellschaft für Grundstücksverwaltung und -verwertung mbH (BBG) sowie die Flächen im Ressort des MLUK durch das Ministerium selbst. 

Übersicht der Flächen: 
Ressortvermögen des MdF
 
  •  Flächen aus ehem. Preußenvermögen (Verwaltung über BVVG): 3.250 ha Acker- und Grünland
  •  Flächen aus Bodenreform (Verwaltung über BBG): 11.900 ha Acker- und Grünland
  •   Flächen aus Bodenreform, die noch an Eigentümer zurückgegeben werden müssen (Verwaltung über BBG): 3.700 ha Acker- und Grünland
Gesamt : 18.850 ha    
 
Ressortvermögen des MLUK
  •  Landesbetrieb Forst Brandenburg  (LFB-Forst): 7.169 ha vorwiegend Grünland
  •  Landesamt für Umwelt (LfU): 6.557 ha vorwiegend Grünland
  •  Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF): 888 ha vorwiegend Grünland
Gesamt: 14.614 ha   

Vergabepraxis der öffentlichen Flächen
Die Agrarflächen des Landes werden grundsätzlich langfristig verpachtet, nur in Ausnahmen erfolgt ein Verkauf direkt an die bisherigen Pächter.[1]Die Flächen im Zuständigkeitsbereich des MdF werden bisher nicht öffentlich zur Verpachtung ausgeschrieben. Nach Beendigung der Pachtvertragsdauer wird ein erneuter Pachtvertrag geschlossen oder der Pachtvertrag verlängert sich automatisch um ein Jahr. Letzteres erfolgt bei den ehemaligen Bodenreformflächen, der größten Einzelposition des landeseigenen Flächenumfangs. Ein Wechsel erfolgt nur, wenn der Vertrag von einer der beiden Seiten gekündigt wird, so z.B. durch den Pächter bei Betriebsauflösung oder der BBG, wenn Pachtzahlungen nicht vereinbarungsgemäß gezahlt werden. In diesem Fall wird lokal nach einem neuen Pächter gesucht. Vorschläge dafür reichen die jeweiligen Landwirtschaftsämter bei der BBG ein[2] oder es werden anerkannte Verbände der berufsständigen Vertretung (Bauernverband, Bauerbund, FÖL) benachrichtigt, um einen Pächter zu suchen. Die Pachtfrei werdenden Flächen werden darüber hinaus auf der Website der BBG ausgeschrieben.[3]  

Die Flächen des MLUK werden nach Ende der Pachtdauer „(…) entweder an den bisherigen Pächter oder an einen anderen, ortsansässigen Pächter erneut verpachtet. Dafür werden ortsansässige Betriebe zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Bei gleicher agrarstruktureller Qualität und gleicher Eignung für gegebenenfalls bestehende besondere Anforderungen an die Bewirtschaftung der Fläche (z. B. Naturschutz) wird der höher bietende Interessent ausgewählt.“[4]

Die Grundsätze der Verpachtung machen deutlich, dass die bisherige Vergabepraxis landeseigener Flächen wenig transparent ist. Informationen über Flächenangebote werden lediglich lokal verbreitet. Angebote für landeseigene Flächen sollten künftig auch überregional z.B. über ein Webportal bekanntgegeben werden. 

Zudem  werden bei Auslaufen von Pachtverträgen die Landesflächen häufig an den bisherigen Bewirtschafter weiterverpachtet. Künfthig sollten grundsätzlich alle auslaufenden Pachtflächen ausgeschrieben werden, damit mögliche weitere Interessenten wie JunglandwirtInnen und BetriebsgründerInnen die Möglichkeit haben sich an einem Bewerbungsverfahren zu beteiligen. 

Die agrarpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre führten dazu, dass landwirtschaftsfremde AkteurInnen Agrarbetriebe in Brandenburg und damit auch Pachtflächen übernommen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass unter diesen Pachtflächen auch solche aus Landeseigentum sind (öffentlich zugängliche Daten sind dazu nicht vorhanden). Im Sinne einer nachhaltigen und engagierten Flächenvergabepolitik sollten zukünftig Flächen an ortsansässige Betriebe und ExistenzgründerInnen verpachtet werden und nicht an außerlandwirtschaftliche InvestorInnen. Landeseigene Flächen sollten Betrieben zugänglich sein, die aktuell vor Ort verankert sind bzw. an ExistenzgründerInnen, die einen Landwirtschaftsbetrieb aufbauen wollen. 

Ansätze in anderen Regionen zeigen, dass Kommunen und Institutionen als FlächeneigentümerInnen aktiv werden können und die Flächenvergabe nach Kriterien und Grundsätzen unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und regionalentwicklungspolitischer Faktoren gestalten können. Beispiele dafür sind
- die Stadt Greifswald (seit 2019)
- die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein (seit 2018)
- Weitere Regelungen gibt es bei den Landeskirchen. Einige erarbeiteten in den letzten Jahren entsprechende Handreichungen, die auf lokaler Ebene in den Gemeinden umgesetzt werden sollen. Bei der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) werden Landwirtschaftsflächen zentral vergeben, dort wird seit 2017 ein Punktesystem angewendet. 

Handlungsbedarf
Auch für die Brandenburger Landwirtschaftsflächen in öffentlicher Hand sollen künftig Vergabekriterien gelten. Diese beinhalten Standarts zu Betriebsausrichtung, Sozial- und Umweltkriterien (wie z.B. lokal nachgefragte Produkte, Arbeitsplätze, Ökolandbau). In dem Projekt "Modellvorhaben zur Flächenvergabe zwischen Fördervereinen in Großschutzgebieten und Landwirtschaftsbetrieben mit klimaangepassten Bewirtschaftungsmodellen in Brandenburg" wird ein Entwurf für Vergabekriterien entwickelt. Weitere Indormationen auf der Projektwebsite https://nachhaltige-landwirtschaft-brandenburg.de/

Quellen
[1] Antwort auf eine Kleine Anfrage Nr. 4203 „Agrarflächen im Eigentum des Landes Brandenburg“ (Landtag Brandenburg, Drucksache 6/10389) vom 26.02.2019[2] Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 4418 „Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage „Agrarflächen im Eigentum des Landes Brandenburg“ der Abgeordneten Anke Schwarzenberg“ (Landtag Brandenburg, Drucksache 6/10795) vom 10.04.2019[3] Persönliches Gespräch mit der Geschäftsführung der BBG am 22.01.2020[4] Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 4418 „Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage „Agrarflächen im Eigentum des Landes Brandenburg“ der Abgeordneten Anke Schwarzenberg“ (Landtag Brandenburg, Drucksache 6/10795) vom 10.04.2019