Gesichter des BJL: Volker Woltersdorff

Was zeichnet die Menschen in den Betrieben beim Bündnis Junge Landwirtschaft aus? Wie sind sie in die Landwirtschaft eingestiegen, was bringt ihnen Freude und was fordert sie heraus? Im Rahmen einer Interviewreihe sprechen wir mit unseren Mitgliedern über ihren Alltag und ihre Visionen. Diesmal mit Volker Woltersdorff vom Bauernhof Blankenfelde.

08.04.2021

Gesichter des BJL: Volker Woltersdorff

Im Berliner Speckgürtel führt Volker mit seinem Partner Udo Pursche einen kleinbäuerlichen Milchviehbetrieb. In der hofeigenen, von Sabina Lischka geführten Käserei wird die Rohmilch ihrer acht Kühe handwerklich zu Käse, Joghurt und Quark verarbeitet und direkt im Hofladen verkauft. 

Volker, du hast einen Doktortitel. Womit hast du dich beschäftigt, bevor du in die Landwirtschaft gekommen bist? 
Udo und ich sind Quereinsteiger. Wir kommen zwar vom Land, aber hatten andere Berufe. Udo arbeitet sogar bis jetzt in seinem Beruf und unterrichtet Elektrotechnik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Sein verdientes Geld investieren wir in die Landwirtschaft. Ich habe Literaturwissenschaft und Genderstudies studiert und an der Freien Universität Berlin promoviert und unterrichtet. Daher kommt auch mein Doktortitel. 

Du hast aber deinen Beruf komplett verlassen?
Ursprünglich wollten wir den Hof zur Selbstversorgung betreiben. Er wurde aber immer größer und es ist schwierig geworden, mit der Arbeit in Berlin alles unter einen Hut bringen. Deswegen habe ich beschlossen, ganz auf die Landwirtschaft umzusteigen. 

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen Hof zu gründen? 
Über Freunde vom Biohof „Burgmühle Haina“ in Thüringen. Wir besuchten sie häufig und es hat uns dort gut gefallen. Wir haben gesehen, dass es andere Wege gibt, Landwirtschaft zu betreiben und gemerkt, dass es für uns beide wichtig ist, naturnah und enkeltauglich zu leben und zu wirtschaften. Gleichzeitig fehlte mir ein Gegenpol zu der intellektuellen Büroarbeit an der Uni. Vor 12 Jahren haben wir den Hof gekauft und Ende 2016 den Betrieb gegründet. 

Was ist euch bei eurer Arbeit besonders wichtig?
Wir wollen ökologische und tierwohlorientierte bäuerliche Landwirtschaft betreiben. Deshalb halten wir behornte Tiere und betreiben Weidehaltung. Unsere Kühe sind das ganze Jahr über auf der Weide und werden im Sommer auch dort gemolken. Die muttergebundene Kälberaufzucht haben wir von unseren Freunden in Thüringen übernommen. Wir haben uns wegen der Kälbergesundheit und der Mutter-Kind-Bindung dafür entschieden, das hat uns sehr überzeugt! Wir wussten, was für eine große Trauer die Mütter empfinden, wenn die Kälber schon nach einigen Tagen weggenommen werden. Außerdem müssen im Biobereich die Kälber sowieso drei Monate mit Kuhmilch getränkt werden. Dann ist es sogar eine Arbeitsersparnis, das den Müttern zu überlassen.

Was macht euch am meisten Spaß? 
Mit Tieren zu arbeiten, den Wechsel der Jahreszeit mitzuerleben, das Sinnvolle dabei und die Anerkennung, die wir von unseren Kund:innen vor Ort bekommen. Ich mag es, die gesamte Wertschöpfungskette verfolgen zu können: vom Aufwuchs des Grases bis zum Milch, Käse, Fleisch und Verkauf und das Gespräch mit den Konsument:innen. 

Was sind eure größten Herausforderungen? 
Die Arbeitslast: Ich arbeite 10-14 Stunden am Tag. Udo arbeitet außerdem noch viel in Berlin. Trockenheit und schlechte Böden machen uns auch zu schaffen. Unser Heu hat beispielsweise dadurch nicht so einen hohen Nährwert. Wir bauen zwar Futter an, aber das reicht nicht aus und wir müssen welches dazukaufen. Es wäre schön, eine Kreislaufwirtschaft zu betreiben, aber dazu fehlt uns die Fläche und die nötige Arbeitskraft. 

In welche Richtung wollt ihr den Betrieb weiterentwickeln? 
Unser Ziel ist es, kostendeckend zu wirtschaften und nur auf lange Sicht über die Landwirtschaft etwas dazuzuverdienen. Wir wollen auf saisonale Abkalbung umstellen, sodass eine gemeinsame Laktationskurve entsteht und wir dadurch weniger Arbeit haben, da wir dann zur Trockenstehzeit nicht melken müssen. Wir wollen die Qualität unserer Weiden verbessern, etwas für Klimaschutz und Artenvielfalt - zum Beispiel durch das Pflanzen von Hecken - tun. Der Gemüseanbau könnte sich weiter entwickeln, wir brauchen da aber mehr Unterstützung und sind offen für Menschen, die bei uns einsteigen wollen.

Danke dir für das Gespräch, Volker!

Fotos: BJL