Gesichter des BJL: Peggy Giertz

18.02.2021

Gesichter des BJL: Peggy Giertz

Was zeichnet die Betriebe im Bündnis Junge Landwirtschaft aus? Wie sind sie in die Landwirtschaft eingestiegen, was bringt ihnen Freude und was fordert sie heraus? Im Rahmen einer Interviewreihe sprechen wir mit unseren Mitgliedern über ihren Alltag und ihre Visionen. Im ersten Gespräch stellen wir die Pflanzenzüchterin Peggy Giertz aus dem nordbrandenburgischen Altglobsow vor.

Die 41-jährige ist seit 2019 selbstständig. Auf ihren 2000 m2 betreibt Peggy Samenbau, Erhaltungszucht und Versuchsanbau. Außerdem baut sie Bio-Schnittblumen zum Selbstpflücken an. Ihr Ziel ist es, Kultursaatzüchterin zu werden und neue Gemüse- und Blumensorten für ökologischen Landbau zu entwickeln.

Peggy, dein Betrieb ist noch sehr jung. Was hast du davor gemacht und wie kamst du in die Landwirtschaft? 
 
Ich habe als Ökologin in verschiedenen Forschungsprojekten gearbeitet. 2010 wurde mir klar, dass ich eine Veränderung brauche und ich begann in einem Bio-Laden in Berlin zu arbeiten. Dort habe ich die ökologische Landwirtschaft kennengelernt und gemerkt, dass mich das sehr interessiert und sie gut zu mir passen könnte. Irgendwann meinte mein Freund sogar zu mir: „Ich sehe dich auf einem Hof“. 2015 habe ich die Freie Demeter Ausbildung begonnen. 
 
Woher kommt deine Leidenschaft für Züchtung und Samenbau? 

Auf den Betrieben „Waldgarten“ und „Hof Apfeltraum, wo ich die ersten Ausbildungsjahre verbracht habe, wurde auch Saatgut produziert. Schon dort hat es mich interessiert und ich habe gemerkt, dass reiner Gemüsebau mir nicht reicht. Mir fehlte das Forschende in der täglichen Arbeit. Die letzten zwei Ausbildungsjahre war ich beim Bingenheimer Saatgut AG und das war für mich die perfekte Schnittmenge zwischen Forschen und Gärtnern. Parallel habe ich beim Kultursaat e. V. (ein Verein der Ökozüchter:innen) die Fortbildung zur ökologischen Züchtung absolviert. 
 
Warum hast du dich für einen eigenen Betrieb entschieden und wie lief der Gründungsprozess ab? 

Ich wollte was Eigenes machen, dass wurde mir schon am Anfang der Ausbildung klar. Nach dem Abschluss habe ich eine Gründungsfortbildung vom Akelei e.V gemacht. Dort werden Frauen unterstützt, die sich eine Selbstständigkeit aufbauen wollen. Im November 2019 gründete ich den Betrieb. Das musste schnell gehen, damit ich noch den Gründerzuschuss bekommen konnte. Das Land habe ich durch Zufall gefunden. Auf einer Radtour habe ich auf dem Hof Kepos einen Kaffee getrunken und mir die Fläche angeschaut. Danach habe ich den Besitzer gefragt, ob er für mich 2000 m2  hätte und er hat sie mir verpachtet. Außer meinen Eltern, die mir Geld schenkten und meiner Kollegin, die mir Arbeitsmaterialien spendete, hat mich die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg mit einem Darlehen in Höhe von 12 000 Euro unterstützt. 
 
Was ist das Besondere an deiner Arbeit? 
 
In der Züchtung ist es wichtig, die Pflanzen gut zu beobachten. Du musst jede einzelne Pflanze im Blick haben, da es nicht so viele davon gibt. Und alles läuft ein bisschen langsamer. Die Pflanzen stehen auf den Beeten bis sie Samen bilden.  

Was sind deine Herausforderungen? 
 
Schädlinge können herausfordernd sein. Einmal hatte ich sehr viele Erdflöhe bei einer Kultur, die ich vermehren wollte. Die Pflanzen haben es zwar geschafft und genug Samen produziert, aber ich habe noch keine Rückmeldung über die Qualität vom Saatgut bekommen. Ich schicke die Rohware nach Bingenheim, dort reinigen sie es und prüfen die Keimfähigkeit. Dann bekomme ich nur das bezahlt, was den Qualitätsmerkmalen entsprochen hat. Wenn es schief geht, bekomme ich weniger oder kein Geld. Das ist das Risiko bei der Saatgutproduktion. Aber ich habe mehrere Standbeine, sodass ich trotzdem meinen Verdienst habe.
 
Um das Risiko zu streuen, baust du auch Schnittblumen an. Was musst du da beachten? 
 
Blumen sind irgendwie noch wilder als Gemüse und haben oft spezielle Ansprüche, die Anzucht kann komplizierter sein. Mit einem Selbstpflückerfeld praktiziere ich eine einfache Form von Blumenanbau. Ich muss keinen Satzanbau planen, aber ich bepflanze so, dass Blumen zu unterschiedlichen Zeitpunkten blühen und es auf dem Feld immer was zum Ernten gibt. Ich versuche mich weiterzubilden und bin bei der Slowflower-Bewegung, die sich für nachhaltig angebaute, regionale und saisonale Schnittblumen einsetzt. 
 
Welche Pläne hast du für die Zukunft deines Betriebes? 
 
Ich hätte gern mehr Fläche, ungefähr 1 ha, wo ich einen schönen Garten entstehen lassen und ein Gewächshaus bauen könnte. Ich würde mich über Mitarbeiter:innen freuen und den Blumenanbau ausweiten. Ein weiteres Ziel ist es, bei den Züchter:innen aufgenommen zu werden und tolle gemeinsame Projekte umzusetzen. 

Was meinst du mit „bei den Züchter:innen aufgenommen zu werden“? 

Wenn du Kultursaatzüchter:in werden möchtest, wirst du erst Jungzüchter:in und machst nur Erhaltungszuchtprojekte, um die tägliche Arbeit eines Züchters kennenzulernen. Nach zwei Jahren kannst du einen Antrag auf Aufnahme in Kultursaat e. V. stellen. Wenn das klappt, kannst du eigene Züchtungsprojekte beantragen. Ich möchte mich dieses Jahr dafür bewerben. Drück mir also die Daumen! 
 
Viel Erfolg damit und danke für das Gespräch!

Foto: Peggy Giertz