Gesichter des BJL: Patrick Kluge

Was zeichnet die Menschen in den Betrieben beim Bündnis Junge Landwirtschaft aus? Wie sind sie in die Landwirtschaft eingestiegen, was bringt ihnen Freude und was fordert sie heraus? Im Rahmen einer Interviewreihe sprechen wir mit unseren Mitgliedern über ihren Alltag und ihre Visionen. Diesmal mit Patrick Kluge vom Landwirtschaftsbetrieb & Pferdepension an der Alten Mosterei.

24.10.2022

Gesichter des BJL: Patrick Kluge

Patrick und Kim bauen in Gransee einen vielfältigen Landwirtschaftsbetrieb auf. Die beiden sprühen vor Ideen und Plänen. Aktuell arbeitet Patrick nebenher im Krankenhaus als medizinisch-technischer Laborassistent und Kim studiert Agrarwissenschaften an der HU Berlin. Nach und nach wollen die beiden ihren Hof in einen Haupterwerbsbetrieb umwandeln.
Wir waren zu Besuch bei den beiden und haben mit Patrick über Landsuche, klimaresiliente Bewirtschaftungsmethoden und aktuelle Herausforderungen gesprochen.

 

Wie bist du zur Landwirtschaft und an deinen Betrieb gekommen?

Meine Leidenschaft für die Landwirtschaft hat früh begonnen. Schon als kleiner Junge habe ich im Garten von meinem Opa mitangepackt.
Beruflich entschied ich mich aber erstmal für ein Studium in Chemie.

Nebenbei habe ich mit der Herstellung von Cider experimentiert und von einer eigenen Hofstelle mit Gemüsegarten, Rindern, Pferden und Obstplantagen (für den Cider!) geträumt. Und auch als ich dann anfing als medizinisch-technischer Laborassistent zu arbeiten, blieb dieser Traum bestehen.

Darum hab ich verschiedenste landwirtschaftliche Fortbildungen besucht und 2015 eine Pferdepension in Oranienburg übernommen. Aber als dann die Pachtflächen gekündigt wurden, musste ich neu überlegen.

Drei Jahre später wurde ich mit meiner Freundin Kim fündig: Im Internet haben wir eine ehemalige Traubenhalle bei Gransee entdeckt, die gut zu unseren Vorhaben passte und die wir kauften. Dazu konnten wir 12,5 ha Land erwerben. Weitere 3 Hektar pachten wir von einem Nachbarn.

Aktuell betreiben wir auf dieser Fläche eine Pferdepension, das heißt Pferdebesitzer:innen können ihre Tiere bei uns im Offenstall gegen ein monatliches Entgelt unterbringen.
Es gibt auch eine Dexter-Mutterkuhherde, einen Gemüsegarten und eine kleine Hühnerschar – bis jetzt aber nur für den Eigenbedarf. Nach und nach soll der Betrieb wachsen, damit wir unsere Erzeugnisse vermarkten können.

Was ist das Besondere an deinem Betrieb? Nach welchen Prinzipien wirtschaftet ihr?

Wir bauen einen sehr vielfältigen Betrieb auf! Bei uns leben Pferde, Rinder und Hühner, wir haben einen Gemüsegarten und ein Hofbistro ist in Planung.

An oberster Stelle steht für uns eine artgerechte Tierhaltung. Unsere Dexter-Mutterkuhherde lebt ganzjährig im Freiland. Wir sind nicht offiziell öko-zertifiziert, aber bis auf die Futterversorgung wirtschaften wir nach den Prinzipien des Ökolandbaus. Wenn wir genug Flächen haben, wollen wir die Futterwerbung dann auch selbst übernehmen.

Außerdem experimentieren wir mit vielen verschiedenen Methoden. Wir wollen den Betrieb so entwickeln, dass wir auch unter den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels wirtschaften können. Unsere Rinder weiden zum Beispiel in einem Agroforst-System[1], auf den Obstplantagen. Und auf der Pferdekoppel ist ein Keyline Design[2] mit Bäumen und Sträuchern in Planung. Bei Starkregenereignissen wird das Wasser so im Boden gehalten, statt wegzuschwemmen.

Was motiviert dich zur Arbeit in der Landwirtschaft?

Glückliche Tiere und glückliche Menschen zu erleben! Gute Lebensmittel zu erzeugen!

Außerdem bin ich immer an der frischen Luft und in Bewegung. Ich kann mir keinen abwechslungsreicheren und kreativeren Beruf vorstellen: Ich bin ja quasi gleichzeitig Elektriker, Tierarzt, Tierpfleger, Gärtner, Baumpfleger, Schreiner…

Was sind aktuelle Herausforderungen?

Eine Hürde, vor der wir immer wieder stehen ist die Bürokratie. Sich da durchzuarbeiten, kann echt anstrengend sein!

Dann stehen wir vor der Herausforderung, wie wir an weitere Flächen kommen, um unsere Pläne für den Betrieb umsetzen zu können.

Und aktuell beschäftigt uns auch das Thema Schlachtung sehr viel – hier in der Region gibt es keine Schlachthöfe und die behördlichen Auflagen sind kompliziert.

Und, noch ein Dauerbrenner: Nachbar:innen und Familie von der hohen Qualität des Fleischs aus artgerechter Haltung zu überzeugen und dem damit verbundenen (gerechten) Preis!

Was wünscht du dir von der Politik? 

Ich fordere die Unterstützung kleinbäuerlicher Betriebe, statt einer Subventionierung die ausschließlich an die Fläche gekoppelt ist.

Dazu gehört für mich vor allem, Agrarflächen prioritär an Kleinbäuer:innen zu vergeben und Subventionen an Großkonzerne zu begrenzen.
Wir könnten mit dem Geld aus Subventionen so viel machen und in regionale Wertschöpfung investieren. Unser Nachbar – ein Großbetrieb – bekommt pauschale Förderungen für seine großen Flächen. Das ist für mich nicht zukunftsfähig!

Was ist deine Vision für den Betrieb?  

Noch vielfältiger werden – und bleiben! Der Betrieb soll um ein Hofbistro ergänzt werden. Perspektivisch wollen wir mehr Obst und Gemüse anbauen und zusammen mit dem Fleisch vermarkten. Die Landwirtschaft soll sich so selbst tragen, um unsere Familie zu ernähren. Damit wir all unsere Pläne umsetzen können, wollen wir unsere Fläche auf 20-30 Hektar vergrößern.

Eine Kooperation mit dem Programm „Landwirtschaft macht Schule“ wünsche ich mir auch sehr. Um der Gesellschaft und vor allem Kindern zu zeigen, wie wichtig Landwirtschaft und gesunde Ernährung sind!
Auch Kooperationen innerhalb der Region will ich ausbauen – zum Beispiel Maschinen mit anderen Betrieben zu teilen.

Wichtig finde ich es auch, die Geschichte und das ursprüngliche Landschaftsbild von Gransee wiederzubeleben. Wieder mehr Obst- und Gartenbau, statt nur Ackerland mit wenigen Kulturen.

Und bei alldem möchte ich mich mit neuen Methoden auf alte Tugenden besinnen, um einen Betrieb aufzubauen, der enkeltauglich ist!  

 

[1] Landnutzungssystem, bei dem Gehölze in Kombination mit landwirtschaftlichen Kulturen oder mit der Haltung von Nutztieren angebaut werden.

[2] Methode der Landschaftsgestaltung, bei der Bearbeitungs- und Pflanzmuster erstellt werden, die Wasser entlang der Geländekontur leiten, sodass es besser aufgenommen, verteilt und gespeichert werden kann.