Gesichter des BJL: Lasse Brandt  

Was zeichnet die Menschen in den Betrieben beim Bündnis Junge Landwirtschaft aus? Wie sind sie in die Landwirtschaft eingestiegen, was bringt ihnen Freude und was fordert sie heraus? Im Rahmen einer Interviewreihe sprechen wir mit unseren Mitgliedern über ihren Alltag und ihre Visionen. Diesmal mit Lasse Brandt, dem Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Brandenburger Bio-Ei GmbH.

18.11.2021

Gesichter des BJL: Lasse Brandt  

Lasse ist Berater für Hühnerhaltung mit besonderem Fokus auf Mobilställe und ist für die Geflügelhaltung auf dem Biohof Werder zuständig. Der ausgebildete Landwirt hat das Studium in Ökologischer Landwirtschaft in Witzenhausen und Öko-Agrarmanagement in Eberswalde hinter sich und hilft nun als Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Brandenburger Bio-Ei GmbH regionalen Geflügelbetrieben mit Mobilstallhaltung bei der Vermarktung der Eier.

Lasse, wie bist du zur Landwirtschaft gekommen?

Wie die Jungfrau zum Kind. Ich habe dazu keinerlei familiäre Verbindung, aber ich war schon immer als kleiner Junge tier- und umweltbegeistert und mir war klar, dass ich später einen grünen Beruf wählen werde. Schon als 5- jähriges Kind erzählte ich allen, dass ich Bauer werde, ohne eine greifbare Vorstellung davon zu haben. Ich hatte immer ein großes Interesse an der Tierhaltung und bin so auf landwirtschaftliches Studium gestoßen. Ich wollte mit Tieren arbeiten und die ganzen Zusammenhänge in der Landwirtschaft fand ich spannend: Was zum Beispiel Nährstoff- und Futterkreisläufe bedingen. Daraus ergeben sich große Herausforderungen: Irgendwie müssen wir das alles ein Stück besser hinkriegen im Sinne der Nachhaltigkeit, sodass wir die Lebensgrundlage für die nächste Generation erhalten. Das spornt mich an! 

Warum hast du dich auf Hühner spezialisiert?

Ich bin mit dem Huhn zum ersten Mal im Bachelor-Studium in Kontakt gekommen. Bei einer Projektarbeit haben wir einen konventionellen Schweinestall zum Legehennenstall umgebaut und dafür setzte ich mich intensiv mit dem Verhalten der Hühner und Haltungsbedingungen auseinander. Da sprang der erste Funken auf mich über! Um noch mehr Erfahrungen zu sammeln, absolvierte ich noch ein Praktikum in einer Hühnererzeugergemeinschaft in Bayern und seitdem war es klar: Lasse ist der Hühner-Lasse.

Und nun hast du eine Erzeugergemeinschaft in Brandenburg aufgebaut! Wie ist das zustande gekommen?

Das ist im Rahmen des Projektes „Mobile Hühnerhaltung“ von der Fördergemeinschaft ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) und der Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG, wo ich die mobilstallinteressierte Betriebe berate, entstanden. Im Januar 2021 starteten wir mit dem ersten Betrieb in Wustermark und nun sind 4 Erzeuger:innen dabei. Wir übernehmen für die Betriebe die Vermarktung, das Sortieren und Packen der Eier, sodass die Landwirt:innen sich auf die Hühnerhaltung fokussieren können.

Die Mobilstallhaltung ist teurer und aufwendiger, dafür soll es eine entsprechende Wertschätzung durch die Vermarktung geben. Momentan gibt es keine Eierpackstelle in Brandenburg außer uns, die diesen Aufschlag angemessen zahlen würde. Also wenn du Mobile Hühnerhaltung machst, musst du normalerweise die Vermarktung selbst in die Hand nehmen.

Gelingt es gut, den Verbraucher:innen den Preis der Mobilstallhaltung zu erklären?

Ja, eng verbunden damit ist die Kommunikation der kleineren Herdengrößen. Bei der Mobilstallhaltung werden meistens maximal 1.500 Tiere in einem Stall gehalten, das sind nur halb so viele wie in einer Gruppe im Feststall gehalten werden und da sind meistens sogar mehrere Gruppen unter einem Dach. Und es gibt nichts schöneres, als den Hühnern eine frische Weide zur Verfügung zu stellen. Das ist so ein schöner Anblick, der lässt sich auf jeden Fall gut vermitteln.

Wie sieht es mit politischen Rahmenbedingungen für Mobilstallhaltung aus?

Sie ändern sich in die richtige Richtung: Zum Beispiel wurde die Baugenehmigungspflicht für kleinere Mobilställe abgeschafft. Nun brauchen wir entsprechende Strukturen wie Schlachtmöglichkeiten für kleine Betriebe. Die Konkurrenz zu billigem Hühnerfleisch aus Großstrukturen, macht es nicht leicht, Alternativen zu schaffen, und da könnte die Politik eingreifen.

Werden die Brüderhähne auf den Betrieben der Erzeugergemeinschaft aufgezogen?

Noch nicht, das ist die Zukunftsmusik. Einer der Gesellschafter hat schon vor, bei sich einen Maststall zu bauen, aber da hängt noch vieles andere hinten dran. Du musst wissen, wo du die Tiere schlachten kannst und was für Produkte du daraus herstellst. Die wenigsten Brüderhähne können als geschlachtetes Tier verkauft werden, weil da wenig Fleisch dran ist. Daher sollen die am besten weiterverarbeitet werden. Das sind alles Kosten, die ohne entsprechende Infrastruktur nicht gedeckt werden können.

Was passiert jetzt mit den Brüderhähnen?

Die werden an einen österreichischen Betrieb geliefert, der sie großzieht. Das sind zwar auch große Strukturen, aber sie haben sich bisher als einzige auf die Brüderhähne spezialisiert und hochautomatisierte Schlachthöfe aufgebaut. Und das alles bleibt Bio.

Du hältst auch selbst Hühner, wie hast du angefangen?

Ja, so befriedige ich mein Wunsch, Landwirt zu sein. Ich habe mir ein Mobilstall-Modell von einem Betrieb in NRW abgeguckt, der regenerative Landwirtschaft betreibt.  Das Prinzip heißt Chicken Traktor, das sind leichtgebaute Mobilställe, die häufig versetzt werden können und ansonsten ziemlich spartanisch sind. Ich fand es spannend und hab es nachgemacht: Eine Lattenkonstruktion gebaut, mit Draht bespannt, eine Plane drübergelegt, ein paar Tränken und Futtertröge aufgehangen und los gings! Wer also über eine Existenzgründung in der Landwirtschaft nachdenkt, kann simpel und ohne viel Kapital mit Hühnern in mobiler Haltung anfangen. Aber Know-how und ein gutes Gefühl für die Tiere muss schon vorhanden sein.

Was macht dir besonders Spaß an deiner Arbeit?

Der Anblick der Hühner auf der grünen Wiese, wie sie bei Sonnenaufgang rausströmen oder bei Sonnenuntergang rauskommen und die letzten Sonnenstrahlen nutzen und auf der Wiese scharren. Wenn ich ein neues Stück Auslauf abstecke und sie dann alle hinströmen und frische Saaten und Blüten aufpicken, das finde ich ganz wunderbar und so müssen für mich glückliche Hühner aussehen!