11.06.2024
BVVG-Flächen: Verantwortungsvolle Verpachtung
„Dass wir den Zuschlag für so viel Fläche direkt am Hof bekommen, wäre vorher undenkbar gewesen“ sagt Janusz Hradetzky vom Biohof Hof Stolze Kuh in Lunow-Stolzenhagen in Brandenburg. Im vergangenen Jahr hat er zusammen mit einem Nachbarbetrieb bei einer Ausschreibung von Agrarflächen der bundeseigenen Bodenverwertungs- und verwaltungs Gesellschaft (BVVG) teilgenommen und den Zuschlag für 60 Hektar bekommen. Die BVVG vergibt alle Flächen seit kurzem nach Nachhaltigkeitskriterien. „In den vergangenen Jahren haben wir uns auch immer auf Flächen beworben, da die BVVG hier in der Region eine große Flächeneigentümerin ist. Vergeblich, denn wir hatten immer das Nachsehen, wurden immer überboten und hatten somit keine Chance. Betriebe wie unserer, die nachhaltig wirtschaften, regional vermarkten, Arbeitsplätze im Dorf schaffen gingen leer aus. Gut, dass sich das geändert hat, dafür haben wir lange gekämpft“ so der Landwirt aus Lunow-Stolzenhagen weiter. Der Betrieb hält Rinder und baut u.a. seltene Getreidesorten an, die direkt vermarktet werden. Auf den neu gepachteten Flächen vom Hof Stolze Kuh wird Luzerne für Futter angebaut. Das erhöht gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit.
Die BVVG hat rund 91.000 ha (01.01.2022) im Bestand. Mit den neuen Managementgrundsätzen der BVVG erfolgt die Flächenvergabe nach einem Punktesystem, welches an Nachhaltigkeitskriterien wie Ökolandbau, Biodiversität, Arbeitsintensität u.a. gebunden ist. Existenzgründer und Junglandwirte werden insbesondere berücksichtigt, ebenso wie eine klimaschutzangepasste Bewirtschaftung z.B. auf Moorböden. Flächen werden nun nur noch verpachtet statt verkauft. Ausschlusskriterien wie der Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut bzw. Pflanzen sind formuliert.
„Das alleinige Kriterium des Höchstpreises hat ausgedient und gesellschaftliche Anforderungen an die Landwirtschaft und die Herausforderungen beim Klimaschutz spiegeln sich nun deutlich besser wider“, so Janusz Hradetzky. „Ich sehe aber noch Handlungsbedarf: Das Pacht-Mindestgebot ist deutlich zu hoch und mit nachhaltiger Landwirtschaft für unseren Betrieb nur schwer wirtschaftlich darstellbar. Da sind Anpassungen auf ein Niveau notwendig, welches weitere Gestaltungsräume bei Klima- und Bodenschutz zulässt.“
„Das Umdenken zum Verpachten statt Verkaufen ist gut, somit wird das Eigentum des Bundes nicht weiter verscherbelt. Landwirtschaftsflächen sind ein gutes Mittel, um im ländlichen Raum Strukturpolitik zu betreiben und gezielt Menschen zu fördern, die sich in der Region engagieren und diese (neu) beleben“ führt Willi Lehnert vom Bündnis Junge Landwirtschaft e.V. weiter aus. Mit vielen engagierten Junglandwirten wie Janusz Hradetzky setzt er sich seit Jahren für eine zielgerichtete Vergabe von öffentlichen Flächen ein.
Mit der Flächenplattform Brandenburg betreibt der Verein in Brandenburg ein Portal, um die Vernetzung zwischen Pächtern und Verpächtern zu verbessern. Damit konnten Junglandwirte bereits mit 150 ha unterstützt werden. Ein neues Projekt des Vereins richtet sich an Kommunen und Kirchengemeinden, die ebenfalls über Agrarflächen verfügen. „Auch hier sehen wir konkrete Ansatzpunkte zur Förderung von Junglandwirten und zur nachhaltigeren Bewirtschaftung. Die BVVG zeigt, dass eine Verpachtung mit Nachhaltigkeitskriterien möglich ist. Wir fordern von Kirchengemeinden und Kommunen nachzuziehen, da diese ebenfalls eine besondere Verantwortung für ihre Flächen z.B. zum Erhalt und Bewahrung der Schöpfung haben!“ führt Lehnert weiter aus. Unterstützt wird das Projekt im Rahmen des Forschungsvorhabens „Neue Kooperations- und Poolingmodelle für nachhaltige Landnutzung und Nahrungsversorgung im Stadt-Land-Verbund (KOPOS)“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Links:
Hof Stolze Kuh
Flächenplattform
KOPOS-Projekt
Kontakte für Rückfragen:
Willi Lehnert, Bündnis Junge Landwirtschaft e.V.: 0177 5444749
Janusz Hradetzky, Hof Stolze Kuh: 0157 73310939
Annabella Jakab, KOPOS-Projekt: 0176 25485697
Fotos: Hof Stolze Kuh